"Sturm am Dom"
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2013 wird ein Theaterjahr
Domfestspieler und Regisseur Christian Seiler sind sich einig, dass man zusammenpasst!
Die Domfestspiele 2013 sind beschlossene Sache. Bürgermeister Johann Meier gab gegenüber der Presse bekannt, dass Wunschregisseur Christian Seiler aus Zürich und die Mitwirkenden zueinander gefunden haben. Die Theaterworkshops und die Besprechung mit Vertretern der der technischen und handwerklichen Theatersparten am vergangenen Wochenende hätten auf beiden Seiten ein gutes Gefühl hinterlassen. Gleich nach den Workshops, an denen 60 Interessierte teilgenommen hatten, habe man die Zusammenarbeit beschlossen.
Das Theaterstück, dessen Handlung in die Zeit zwischen dem Klosterbrand 1874 und der Einweihung 1914 angesiedelt ist, wird Wolfgang Endres schreiben. Das Stück spielt auf dem historischen Hintergrund von Reichsgründung, Industrialisierung und sozialer Frage. So werden Spannungen zwischen den nach St. Blasien Zugereisten Fabrikarbeitern und den eingesessenen Bürgern ein Thema sein. Mit dem Stück wolle er aber, so Endres, nicht bloß historische Fakten nachstellen. Auf dem geschichtlichen Hintergrund möchte Wolfgang Endres eine erfundene Geschichte mit erfundenen Figuren erzählen, eine Liebesgeschichte sogar. Selbst Regie führen möchte Wolfgang Endres in Zukunft nicht mehr.
"Mir ist es
wichtig, dass die Spiele eine Zukunft haben, und nicht, dass sie an bestimmte
Personen gebunden sind", sagt er. Daher wolle er schon jetzt seine
Nachfolge regeln: "Ich bin der Meinung, das ich das jetzt besser kann, als
ich es in zehn Jahren." Als Schauspieler möchte er aber weitermachen und
wird sich daher bei Christian Seiler um eine Rolle in dem Stück bewerben.
Beim Schaffen fließenden Übergänge wird auch Johann Meier nicht fehlen. Auch
wenn er im Herbst nicht mehr Bürgermeister nicht mehr kandidieren wird: Der
Domfestpiel-Theaterarbeit möchte Johann Meier treu bleiben. Seinem Nachfolger
oder seiner Nachfolgerin im Amt möchte er anbieten, die Aufgaben, die er als Bürgermeister
bei vorhergehenden Domfestspielen wahrgenommen hat, auch bei den Domfestspielen
2013 zu übernehmen. Tatkräftig mitgestaltet hatte Johann Meier die Festspiele
nicht nur als Intendant und Schirmherr, sondern unter anderem auch als
Koordinator für Kulissenbau und Technik und als Mittler in der Sponsorensuche
und Öffentlichkeitsarbeit.
Bis zum Frühjahr 2011 möchte Wolfgang Endres sein Stück fertiggeschrieben
haben und es an Christian Seiler übergeben. Sobald das Regiekonzept steht, wird
es eine Infoveranstaltung für die Mitwirkenden geben. Die Probenarbeit könnte
nach den Sommerferien 2011 beginnen.
Der Stoff der Domfestspiele 2013:
Die St. Blasier Jahre zwischen 1874 und 1914 waren vom Aufstieg geprägt.
Klosterruine, St. Blasien 1890
Die Zeit von der Reichsgründung 1871 bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs, die bei den Domfestspielen 2013 ins Bild gesetzt werden soll, ist die Epoche eines bis dahin unbekannt schnellen Wandels, auch in St. Blasien. Die Kluft zwischen den zugezogenen Fabrikarbeitern, die aus Not den Weg in die nachklösterliche Gemeinschaft fanden, und den eingesessenen Bürgern des aufstrebenden Kurortes barg auch Konfliktstoff. Gastautor Thomas Mutter beleuchtet in der heutigen Ausgabe jene Epoche – nicht nur für Domfestspieler.
Um es gleich
vorwegzunehmen: Die Jahrzehnte zwischen Dombrand 1874 und dem Ausbruch des
Ersten Weltkriegs 1914 erscheinen im Rückblick als eine spannende und bisweilen
dramatische Zeit, während der das Selbstbewusstsein der Domstadt deutlich
erstarkte. Die örtliche Urkatastrophe der nahezu vollständigen Zerstörung der
Kuppelkirche am 7. Februar 1874 ist Stoff ungezählter Veröffentlichungen, auch
in dieser Zeitung, gewesen.
Auch wenn die Vertreibung der Mönche drei Generationen zurücklag, war dieser
Dolchstoß in die gemeindliche Seele noch nicht restlos verwunden. Die Gemeinde
ist zudem zerrissen in die Fabrikgemeinde und "die anderen". Der
grauenhafte Schicksalsschlag jenes klirrenden Februartages hat die Menschen
dieses Tals ins Mark getroffen. Und wie eine bleierne Wolkendecke lastet fortan
die bange Entscheidung über die endgültige Wiederherstellung der fürstäbtlichen
Prachtkirche knappe vierzig Jahre über dem Tal. Das hat Kräfte der
Selbstbehauptung freigesetzt.
Der durch wundersame
Fügung zum Kurgast und Freund St. Blasiens gewordene badische Großherzog
Friedrich I. hat den Kämpfern Pfarrer Lamy und Bürgermeister Waßmer beim
letzten Besuch Ende August 1907 die Zusage zur Rettung des Doms gegeben. Es soll
das schicksalhafte Wort aus dem großherzoglichen Munde gefallen sein "Es
kommt ja jetzt alles in Ordnung".
Im August 1910 erhält die Karlsruher Firma Dykerhoff und Widmann den Auftrag
zum Einbau der Innenkuppel, und Zug um Zug, Jahr um Jahr wird gebaut,
vervollständigt und restauriert bis zur feierlichen Domweihe am 1. Juni 1913
durch den Freiburger Erzbischof Thomas Nörber. Anwesend bei diesem die Herzen
rührenden Akt sind Oberbaurat Ostendorf und Bauinspektor Schmieder – beide
höchst verdient um die damals möglich Gestaltung, der Letztere übrigens
Verfasser des Standardwerkes über die Baugeschichte des Klosters und der
Kuppelkirche. Das klug eingegrenzte, von Herzen kommende und zu Herzen gehende
Gepränge der zweiten Domweihe wird hundert Jahre später sicherlich eine
Glanzszene der Domfestspiele 2013 abgeben.
Die Jahrzehnte, die hier beleuchtet werden, waren geprägt vom vermeintlichen
Widerspruch der Fabrik (die berühmte Spinnerei des Unternehmers Ernst Friedrich
Kraft) in der ehemaligen Klosteranlage und dem entstehenden Kurort, der wie eine
Trauminsel sich aus dem Meer der Verzagtheit erhob. Das unstrittig heilsame
Klima, die "Entdeckung" unseres Hochtals durch den Landesfürsten für
viele Erholungsaufenthalte und die für jene Zeiten atemberaubend schnelle
Schaffung der Infrastruktur (Hotellerie, Kurhaus, Sanatorium, Wasserversorgung,
Erschließung der Wälder, Häuserbau – um nur das Nahe liegende zu nennen)
rückte St. Blasien deutlich in die Nähe von Baden-Baden und Davos. Am
entsprechenden prominenten und mondänen Publikum fehlte es übrigens nicht. Die
"Fabrikler" und die Kurgäste aus Blut- und Geldadel haben sich dieses
vom Schicksal gebeutelte und zugleich wieder verwöhnte St. Blasien friedlich
und förderlich geteilt.
Juni 1916: Eine Abordnung des St. Blasier Gemeinderats überbringt die Ehrenbürgerurkunde an Admiral von Tirpitz.
Im Bild (von links) Gemeinderat Stüber, Bürgermeister Adolf Waßmer, Großadmiral von Tirpitz
Für die Entfaltung des keimenden Bürgersinns war es nicht belanglos, dass der
erwähnte Fabrikant Krafft im einstigen benediktinischen Musik- und Speisesaal
(der heutigen Hauskapelle des Jesuitenkollegs) einen Bettsaal für seine
evangelischen Fabrikangehörigen einrichten ließ. Das war die Geburtsstunde der
evangelischen Kirchengemeinde am Ort. Das Krafft-Denkmal zwischen Kur- und
einstigem Patresgarten hat seine Berechtigung und wird Sinnfragen in
Jahrhundertruhe begegnen. Es kann nicht die Idee eines einzelnen gewesen sein,
diesem von der Benediktinersonne nicht mehr beschienenen Ort den Stadttitel
einzufordern. Die Väter des Gedankens sind nicht mehr alle auszumachen. Im
Herbst 1897 jedenfalls "geruht" der Großherzog, diesem von vielen
Schlägen (Vertreibung der Mönche, Spaltung der Gemeinde in zwei Lager,
befremdliche Nutzung der einstigen Abtei, Dombrand) Ort eine gehörige Portion
Selbstvertrauen zu verleihen mit der Erhebung der Gemeinde zur Stadt. Dieses
Ereignis wurde ja glänzend aufbereitet in den Domfestspielen 1997 zum
Hundertjährigen des Stadtrechts.
Die aus heutiger medienpolitischer Sicht logische Folge dieses Ansehenszuwachses
ist im Frühjahr 1901 die Gründung einer eigenen "Sankt Blasier
Zeitung". Ins Leben gerufen und gedruckt wurde sie in der einstigen
Druckerei Weißenberger im grünen Schindelmantelteil des heutigen
Gesamtanwesens Schmidt-Arkaden. Die Zeitung nimmt den Weg aller
Konkurrenzkämpfe, ist aber als Beitrag jener St. Blasier Selbstfindung nicht zu
unterschätzen.
Das in der nachklösterlichen Gemeinde, im Kurort und dann in der jungen Stadt
waltende großherzogliche Bezirksamt – wiewohl es gelegentlich das Ansehen
aller politischen Behörden teilte – ist in diesen entwicklungsreichen
Jahrzehnten dennoch eine feste Größe, die dem Aufwärtsstreben St. Blasiens
zupasskommt. Diese mittlere Verwaltungsbehörde hält sich immerhin bis zum 1.
April 1924, ehe eine auch damals schon ungeliebte Verwaltungsreform ihr Dasein
beendet.
Nach den
Flammen kommt der Sturm
Wolfgang Endres hat das Drehbuch für die Domfestspiele 2013 der Stadt übergeben. Im Oktober beginnt die Rollenverteilung.
Bis zu den
Domfestspielen dauert es zwar noch zwei Jahre, Wolfgang Endres hat die größte
Arbeit für die Großveranstaltung trotzdem schon hinter sich: Vergangene Woche
hat er das Drehbuch zum Stück "Sturm am Dom" Bürgermeister Rainer
Fritz übergeben. Anfang Oktober sind alle, die sich an den Festspielen
beteiligen wollen, zu einer Infoveranstaltung eingeladen. Anschließend startet
das Auswahlverfahren für die Rollenverteilung.
Das Stück "Sturm
am Dom" verfremdet zwar die Charaktere,
beruht aber auf wahren Begebenheiten: 1874 verursacht der 14-jährige Lukas
durch das Entzünden einer Petroleumlampe versehentlich einen Großbrand. Der
Zuschauer begleitet nicht nur diesen Jungen, sondern auch seinen kleinen Bruder
David, der in der Brandnacht zur Welt kommt, in neun Zeitblöcken bis ins Jahr
1913.
Wolfgang Endres hat für diese Stück ungezählte Stunden recherchiert und sich
in die Geschichte(n) längst vergangener Jahrzehnte eingearbeitet. "Eine
Fundgrube waren alte Zeitungsartikel von Claus-Peter Hilger", verrät
Endres. Wertvolle Informationen lieferten ihm auch Bernhard Steinerts
"Sankt Blasier Land" und "Das weiße Band" von Michael
Haneke. Ein bisschen stecke in "Sturm am Dom" auch "Romeo und
Julia", denn es gehe um eine Liebesbeziehung, die eigentlich nicht sein
darf, kündigt Endres an.
In der Entstehungsphase hat sich der Autor mit dem Kernteam der Domfestspiele um
Johann Meier, Thomas Mutter und Hanskarl Link regelmäßig ausgetauscht. Von der
ersten Idee bis zur druckfertigen Fassung sind drei Jahre verstrichen.
"Zwischendurch ruhte das Werk auch zeitweise", erklärt Endres. Immer
wieder seien Fragezeichen aufgetaucht, auf die Antworten gefunden werden
mussten.
Diese langwierige und bisweilen anstrengende Arbeit hat Wolfgang Endres
geschafft. Bei den vier Domfestspielen zwischen 1993 und 2007 hat er Regie geführt.
Nun will er Verantwortung abgeben. Die Stadt konnte den Schweizer Regisseur
Christian Seiler als seinen Nachfolger verpflichten. Er bekommt das Drehbuch in
den nächsten Tagen ausgehändigt, "und möge damit machen, was er
will", sagt Endres.
Der Regisseur hat freie
Hand.
Er werde Seiler nicht
in sein Konzept hineinreden, "was nicht heißt, dass wir nicht miteinander
reden". Endres weiß aus Erfahrung, "dass ein Regisseur freie Hand
braucht" und zu viele Einmischungen stören können. "Ich betrachte
mein Werk als Rohling, den Christian Seiler bearbeiten kann", erklärt der
Autor, der neugierig ist, was der Schweizer aus und mit seinem Skript macht.
15 bis 20 Hauptrollen sind in Endres’ Fassung vorgesehen, außerdem unzählige
kleinere Nebenrollen. Vielleicht ist einer der Darsteller Bürgermeister Rainer
Fritz. Die Entscheidung, dass die Stadt in zwei Jahren wieder Domfestspiele aufführen
wird, hat der Gemeinderat noch unter der Ägide seines Vorgängers Johann Meier
getroffen. Fritz betont aber: "Es ist nicht so, dass ich mich für die
Festspiele engagiere, weil ich es muss, sondern weil ich voll und ganz dahinter
stehe." Er freue sich schon jetzt auf die Großveranstaltung in zwei
Jahren. Die Termine stehen fest: Am Dom wird es vom 15. bis 18. August stürmen.
Doch vor dem Vergnügen kommt erstmal jede Menge Arbeit: Am
Mittwoch, 5. Oktober,
lädt die Stadt alle ein, die sich als Schauspieler, Sänger, Statisten oder
Kulissenbauer einbringen möchten. Bereits im Juni
vergangenen Jahres gab es eine erste Veranstaltung, zu der Regisseur Christian
Seiler eingeladen hatte, um potenzielle Darsteller zu sichten. Schon da hat sich
Wolfgang Endres zufolge gezeigt, wie groß das Interesse ist. Bürgermeister
Rainer Fritz kündigt an, dass es richtige Castings geben soll, um die besten
Schauspieler zu finden.
Die Domfestspiele 2013
werfen ihre Schatten voraus: Zur Auftaktveranstaltung am Mittwoch,
5. Oktober, wird Wolfgang Endres um 19
Uhr im Kursaal den
Inhalt seiner Textvorlage vorstellen.
Das Stück "Sturm am Dom" spielt in der Zeit von 1874 bis 1913. Die
Geschichte beginnt mit jenem Blasiustag, an dem Fabrik und Dom nach einer
Brandkatastrophe in Schutt und Asche lagen. Was sich in den Jahren danach in der
Fabrik, im Kurort St. Blasien am und im Dom und in der Politik mit Bismarck,
Kaiser Wilhelm II. und dem Großherzogpaar von Baden abspielt, nennt Endres eine
"spannende" Zeit, eine Zeit voller Spannungen. Durch ein paar Episoden
aus seinem Stück soll dieser Eindruck anschaulich werden. Anschaulich werden
soll diese Zeit auch durch einige Fotos, die Hanskarl Link präsentieren wird.
Der Regisseur und Schauspieler Christian Seiler aus Zürich wird erste Ideen und
Gedanken vorstellen, wie er die Textvorlage von Wolfgang Endres in Szene setzen
möchte. Außerdem wird er darüber informieren, welche Gruppen mitwirken könnten,
wie ein erstes Casting für die Rollenbesetzung stattfinden soll und wann er mit
den Proben beginnen möchte. Zu der Auftaktveranstaltung eingeladen sind alle
Mitwirkenden der bisherigen Domfestspiele, ganz besonders diejenigen, die im
vorigen Jahr an einem Theaterworkshop mit Christian Seiler teilgenommen haben.
Aber auch alle Theaterbegeisterten, die in einer Gruppe, bei einem Tanz, im Chor
oder als Einzeldarsteller oder -darstellerin mitwirken möchten, sind
angesprochen.
In dem Stück sind Rollen vorgesehen für Kinder von zehn Jahren bis hin zu Seniorinnen und Senioren. Treffpunkt ist am Mittwoch, 5. Oktober, um 19 Uhr im Kursaal St. Blasien. Der Informationsabend wird bis längstens 20.30 Uhr dauern, geben die Theatermacher bekannt.
Domfestspiele
nehmen Gestalt an
Informationsabend für
Mitwirkende in Großgruppen. Bis zum Sommer sollten sich die verschiedenen Großgruppen
formiert haben.
Am Donnerstag,
03. Mai um 19 Uhr wird deshalb im Theophil-Lamy-Haus
ein weiterer Infoabend für diejenigen stattfinden, die sich als Mitglieder
einer Gruppe einbringen möchten. Dazu bieten sich folgende Gruppen an: Volk und
Bürgertum in der Kaiserzeit; Kurgäste, Tanzpaare für Tänze der
Jahrhundertwende, Sängerinnen und Sänger für gemischten Chor/Frauenchor/Männerchor,
Fabrikarbeiterinnen und Fabrikarbeiter, Soldaten
und andere.
Daneben wird es auch
die hinter der Bühne tätigen Gruppen der Schneiderei, des Technik-Teams und
der Kulissenbauer geben.
Alle Altersgruppen sind
gefragt. Das Leben in St. Blasien um 1900 soll möglichst umfassend dargestellt
werden.
ENDE